Will man das Verhältnis der Russen anderen Völkern verstehen, muss man erste einmal verstehen wie sich die Russen identifizieren. Um zu verstehen was Russland als Staat und Nation darstellt, muss man weit in die Vergangenheit zurück. Die Anfänge werden im „Великий Новгород“ (Großen Novgorod) gesehen. Dieses Gebilde war ein Zusammenschluss der Stämme in der Region des heutigen Zentralrusslands am Ladogasee. Die erste offizielle Erwähnung datiert auf das Jahr 859. Novgorod hatte von seiner gesellschaftlichen Struktur sehr viel von den nordischen Modellen der Wikinger. Es gab eine große Zentralversammlung, welche alle Entscheidungen traf. Man hatte bestimmte Regeln (Gesetze wäre zu viel gesagt) und man organisierte den Handel mit dem „Ausland“.
Nun überlebte sich das Modell irgendwann und die Eliten der einzelnen Stämme gerieten in Streit über die Vorherrschaft. Man beschloss nun einen „Ausländer“ einzuladen (ein zu der Zeit durchaus übliches Verfahren. Zum Beispiel luden später auch einmal die Polen August den Starken von Sachsen ein über Polen zu herrschen). Dabei handelte es sich um den Fürsten Ryrik (Hrœrekr, Rȳrik, Рю̀рикъ). Der Name ist skandinavischen oder pre germanischen Ursprungs. Also wieder eine Verbindung zwischen „Russen“ und „Deutschen“. Wobei Ryrik einer Ehe Umilas, Tochter eines Novgoroder Fürsten, mit dem nordischen König der Warjagen entstammte, also zur Hälfte slawischen Blutes war.
Dieser Fürst gilt als der Begründer der ersten Dynastie der russischen Zaren. Ab diesem Moment bildete sich die „Russ“. Also das, was man heute als den Ursprung Russlands bezeichnen würde. Ryrik war es denn auch, der verstand, dass man viel besser dran war nicht als Umschlagplatz zwischen den Händlern aus dem Norden und Konstantinopel zu agieren, sondern den Handel direkt zu betreiben. So zog er denn auch los und begründete das heutige Kiew. Die zweite große Stadt der „Alten Russ“. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Wir versuchen beim Thema zu bleiben.
Die nächste bedeutende Verbindung entstand mit dem Aufkommen der Hanse. Die Hanse hat ihren Ursprung im „deutschsprachigen Raum“ mit den späteren Zentren in Hamburg, Lübeck. Hier gab es ständige Botschafter der Städte der „Russ“ Novgorod und Perm. Gehandelt wurde vor allem mit Pelzen aus dem Osten und Eisenwaren und Lebensmitteln aus dem Westen – irgendwie kommt einem dieses Modell doch bekannt vor. Warum sind wir davon eigentlich abgekommen, wenn es doch über Jahrhunderte ein Erfolgsmodell war?