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Das Verhältnis zwischen Deutschen und Russen – eine endlose Geschichte. Eine Betrachtung. Die Deutschen in Russland. (4)

Die ersten Deutschen als Landesbewohner sind bereits 1199 in Nowgorod dokumentiert. Hier gab es einen „Deutschen Hof“. Dort lebten deutsche Händler und lagerten ihre Handelswaren. Aber existiert haben muss dieser Ort  schon früher, zumal dessen Bau bereits in einer Kirchenchronik von 1184 erwähnt wird.

Die Deutschen tauchen dann im 16. und 17. Jahrhundert verstärkt in Russland auf. Meist handelte es sich um „Fachleute“, welche in den Staatsdienst des Russischen Zaren kamen.

Zu Zeiten „Ivan des Schrecklichen“ kamen verstärkt Handwerker, Architekten, Offiziere und Mediziner ins Land. Deren Zuzug wurde auch aktiv unterstützt. So ähnlich wie es die Deutschen mit den Hugenotten taten – und wie man es heute überall versucht. Fachleute waren schon immer gefragt. 

Anfang des 18. Jahrhunderts entstand eine deutsche Siedlung in der Nähe von Moskau, eine so genannt „Sloboda“. Die Bewohner solcher Siedlungen waren meist im Staatsdienst und hatten Privilegien bis hin zu Steuervergünstigungen. Zar Peter I. war als Kind und junger Mann oft dort und somit von Deutschen umgeben. Der russische Publizist und Schriftsteller Alexander Gerzen schrieb damals: „Auf dem Thron – Deutsche, neben dem Thron – Deutsche, die Heerführer – Deutsche, Außenminister – ein Deutscher, Bäcker – Deutsche. Überall Deutsche – bis zur Ekelhaftigkeit. Deutsche Frauen als Zarinnen und als deren Hebammen.“

Und tatsächlich waren die russischen und deutschen Herrschaftshäuser familiär miteinander immer verbandelt. Allein 8 deutsche Prinzessinnen saßen neben dem Zaren auf dem russischen Thron.

Eine weitere Welle der deutschen Migranten erlebte Russland in der Zeit von Zarin Katharina der II – der deutschen Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg. Diese holte nicht nur viele deutsche Fachleute ins Land, sondern brachte auch das Russische Reich zu einer Blüte. Unter ihrer Herrschaft entstanden zum Beispiel die Städte Odessa, Sewastopol und Denepropetrowsk. Von ihr stammt ein Erlass, der es Ausländern erlaubt einzuwandern und sich auf ungenutzten Ländereien niederzulassen. Es wurde ihnen Religionsfreiheit und Steuervergünstigungen zugestanden. Selbst Einwanderern mit geringem Kapital wurden Unterstützungen gewährt, wenn sie sich in Russland niederließen. 

Anfang des 19. Jahrhunderts kippte allerdings die Stimmung. Den Deutschen wurden ihre Privilegien zum Vorwurf gemacht. Ab 1874 zählten dann die „Russlanddeutschen“ nicht mehr als „Ausländer“. Zu dieser Zeit kam es zur Ersten Auswanderungswelle der Deutschen nach Amerika.

Nach einer Volkszählung von 1879 lebten die Deutschen:

  • in den baltischen Gouvernements 165.600
  • in Samara / Saratow 395.800
  • im polnischen Zarenreich 407.700
  • im Süden Russlands (z.B. Cherson) 377.800
  • in Wolynien 171.300

Viele Deutsche lebten auch auf dem Gebiet Finnlands, welches damals Teil des Zarenreiches war. Insgesamt lebten 2.070.000 Deutsche im Russischen Reich. 1905 gab es Deutsche in den 50 größten Städten Russlands.

Die Deutschen hatten viele Posten im Staatsapparat inne, was nicht allen Russen gefiel. Trotzdem haben die Deutschen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung Russlands geleistet. Es gibt viele Wissenschaftler und Entdecker, welche das Russische Reich vergrößerten. Die Stadt Omsk wurde vom Oberslteutnant Buchholz gegründet, die Festung der Stadt wurde unter Leitung von Rittmeister Spitzherr erbaut. Generalgouverneure in Sibirien und im Fernen Osten waren die Herren Gasfort, Taube und Schmidt.

Ab 1918 wurde offiziell die Wiedergeburt der nationalen Identität der Russlanddeutschen gefördert. Das führte zu den ersten autonomen Verwaltungsbereichen auf dem Gebiet von Sowjetrussland. Als Beispiel kann die „Arbeitskommune des Deutschen Wolgagebiets“ angeführt werden, welche später zur „Sowjetischen Sozialistischen Deutschen Republik des Wolgagebiets“ (АССР НП) mit Hauptstadt in Pokrowsk, dem späteren Engels, wurde.

Dann kam der Krieg… Er brach vor über 80Jahren in das Leben der Menschen ein. Aber die Tragödie begann schon vorher. Mit der Zuspitzung der Beziehungen zwischen der UdSSR und Deutschland verschlechterten sich auch die Beziehungen zu den Russlanddeutschen. In den Jahren 1935-1936 wurden über 10.000 Deutsche aus den Grenzregionen der Ukraine nach Kasachstan umgesiedelt. 1937-1938 wurden auf Befehl Nr.00439 alle Deutschen, welche in Rüstungsunternehmen arbeiteten verhaftet, verurteilt, interniert, ausgewiesen. 1941 wurde die АССР НП aufgelöst und alle Deutschen nach Kasachstan, Mittelasien und Sibirien umgesiedelt. Die Deutschen im Militärdienst wurden von der Front ins Hinterland geschickt. 1941 wurden so 800.000 Menschen umgesiedelt.Bis 1944 kamen weitere 50.000 hinzu.

Ein ganzes Volk, vom Säugling bis zum Greis, wurde in einem Augenblick zu Vaterlandsverrätern erklärt. Anfang 1942 wurden alle Deutschen im Alter zwischen 15 und 55 rekrutiert und mussten in der so genannten „Arbeitsarmee“ Deinst tun. Diese durften erst 1947 an ihre Wohnorte im Ural, Sibirien und Kasachstan zurückkehren. Bis 1956 mussten alle Deutschen sich regelmäßig bei der Verwaltung ihrer Wohnorte melden.

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